Auf wettbewerbsrechtliche Verletzungshandlungen folgen häufig Abmahnungen durch Mitbewerber oder Verbände. Um das Streitverhältnis außergerichtlich beizulegen ist oft eine Unterlassungserklärung mit der Verpflichtung, das beanstandete Verhalten zukünftig zu unterlassen das Mittel der Wahl.
Zur Bekräftigung dieser Verpflichtung hat die Erklärung ein Versprechen zur Zahlung einer Vertragsstrafe zu enthalten, wenn ein erneuter Verstoß begangen wird. Nur eine solche strafbewehrte Unterlassungserklärung konnte nach bisheriger Rechtslage die Wiederholungsgefahr wirksam ausräumen.
In der Praxis kann eine einmal abgegebene strafbewährte Unterlassungserklärung erhebliche finanzielle Folgen für den Abgemahnten im Wiederholungsfalle nach sich ziehen.
Im Dezember 2020 ist das Wettbewerbsrecht reformiert worden.
Nach der neuen Vorschrift in § 13a Abs. 2 UWG n.F. haben Mitbewerber bei erstmaliger Abmahnung von Verstößen gegen Informationspflichten nach § 13 Abs. 4 UWG keinen Anspruch auf eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.
Die neue Rechtslage wurde bereits durch obergerichtliche Judikatur bestätigt.
Nach der viel zitierten Entscheidung des OLG Schleswig (Beschluss vom 03.05.2021, Az.: 6 W 5/21) ist es bei Verstößen gegen § 13 Abs. 4 UWG zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr entsprechend der Regelung des § 13a Abs. 2 UWG ausreichend, wenn der Verletzer eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen abgibt.
Begründet hat das OLG Schleswig seine Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber durch die Einführung des § 13a UWG grundsätzlich am System der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Abmahnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung festgehalten hat.
Hierzu hat das Gericht ausgeführt:
„b) Unter den in § 13a Abs. 2 UWG n. F. genannten Voraussetzungen, die hier unzweifelhaft vorliegen, ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe zwischen Gläubiger und Verletzer jedoch ausgeschlossen. In diesen Fällen kann an dem Erfordernis der Strafbewehrung zur Widerlegung der vermuteten Wiederholungsgefahr nicht mehr festgehalten werden. Anderenfalls wäre es dem Verletzer unmöglich, die Vermutung der Wiederholungsgefahr im unmittelbaren Verhältnis zum Gläubiger zu widerlegen und so eine außergerichtliche Streitbeilegung zwischen ihm und dem Gläubiger herbeizuführen. Dass der Gesetzgeber aber mit den Änderungen des UWG durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (BT-Drs. 19/12084, 1) für diese Fälle eine außergerichtliche Streitbeilegung zwischen Mitbewerbern ausschließen wollte, lässt sich weder der Gesetzessystematik in §§ 13, 13a UWG n. F. noch der Gesetzesbegründung entnehmen.
- aa) Durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hat der Gesetzgeber an dem System der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Abmahnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung grundsätzlich festgehalten (§ 13 Abs. 1 UWG n. F.). Er hat dieses Recht der Abmahnung und Unterwerfung jedoch einer vorsichtigen Umgestaltung unterworfen. Insoweit wird die in § 13 Abs. 1 UWG n. F. genannte „angemessene Vertragsstrafe“ erstmals durch die Regelungen in § 13 a UWG n. F. konkretisiert. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 13a Abs. 1 UWG n. F., denn dort heißt es: „Bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe nach § 13 Absatz 1 sind folgende Umstände zu berücksichtigen…“. Die Ausgestaltung einer angemessenen Vertragsstrafe i. S. d. § 13 Abs. 1 UWG n. F. richtet sich demnach nach § 13 a UWG n. F.. Soweit in § 13a Abs. 2 UWG n. F. die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausgeschlossen ist, ist dies über § 13a Abs. 1 UWG n. F. auch bei der Auslegung des § 13 Abs. 1 UWG n. F. zu berücksichtigen. Das Erfordernis einer angemessenen Vertragsstrafe entfällt in diesen Fällen, weil eine solche Vereinbarung ausgeschlossen ist. Die Regelung in § 13 Abs. 1 UWG ist somit in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG n. F. so zu verstehen, dass der Gläubiger den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben soll, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung beizulegen.
- bb) Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts Anderes. Dort heißt es zu Absatz 2 des § 13a UWG-E: „Absatz 2 schließt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit einem Mitbewerber aus, wenn der Mitbewerber erstmalig eine Verpflichtung zur Unterlassung in Fällen des § 13 Abs. 4 UWG-E fordert. {… }. Erfolgt die erstmalige Abmahnung des Verstoßes dagegen durch einen Wirtschaftsverband {… } besteht auch weiterhin die Möglichkeit, zur Streitbeilegung unmittelbar die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung zu verlangen. Die unterschiedliche Behandlung ist dadurch gerechtfertigt, dass Fälle des Abmahnmissbrauchs überwiegend bei den Klageberechtigten nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 UWG-E berichtet werden“ (BT-Drs. 19/12084 S. 33 f.). Hieraus ergibt sich nur, dass die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG genannten Gläubiger zur (außergerichtlichen) Streitbeilegung nach wie vor eine Unterwerfungserklärung verlangen können, während von Mitbewerbern zur (außergerichtlichen) Streitbeilegung beim erstmaligen Verstoß kein Strafversprechen verlangt werden kann. Dass demgegenüber eine außergerichtliche Streitbeilegung in diesem Fällen ausgeschlossen sein soll, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht.
- cc) Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs wollte der Gesetzgeber die Generierung von Vertragsstrafen und Gebühren eindämmen und damit missbräuchlicher Anspruchsverfolgung im Lauterkeitsrecht entgegen wirken (BT-Drs. 19/12084 S. 1). Dieser Intention würde es zuwiderlaufen, wenn ein Unterlassungsschuldner die Wiederholungsgefahr bei einer Abmahnung durch einen Mitbewerber in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG n. F. nicht durch die Abgabe einer einfachen, nicht strafbewehrten Unterlassungserklärung ausräumen könnte. Anderenfalls könnte der Mitbewerber den Unterlassungsschuldner trotz abgegebener Unterlassungserklärung – wie im vorliegenden Fall – gerichtlich in Anspruch nehmen. Dies würde zum einen dazu führen, dass die Entlastung der Gerichte durch das System aus Abmahnung und (strafbewehrter) Unterlassungserklärung in einer Vielzahl von Fällen abgeschafft wäre. Zum anderen würde dies in letzter Konsequenz für den Abgemahnten dazu führen, dass seine Belastung mit einer Vertragsstrafe durch eine solche mit Gebühren ersetzt werden würde. Für eine solche Intention des Gesetzgebers geben Wortlaut und Begründung nichts her“.
(OLG Schleswig Beschluss vom 03.05.2021, Az.: 6 W 5/21)
Trotz der geänderten Rechtslage wird oft von Mitbewerbern bei Verstößen gegen Informationspflichten nach § 13 Abs. 4 UWG eine mit einem Vertragsstrafversprechen gesicherte Unterlassungserklärung gefordert.
Zu Unrecht, wie nunmehr das Landgericht Verden in einem von uns geführten Verfahren zu entscheiden hatte.
Im konkreten Fall wurde unser Mandant wegen fehlender Informationen zur Garantie in einer Ebay Anzeige abgemahnt. Daraufhin verpflichtete sich unser Mandant zur zukünftigen Unterlassung der beanstandeten Angaben. Ein Vertragsstrafeversprechen enthielt die Erklärung unter Hinweis auf die neue gesetzliche Regelung jedoch nicht.
Nach unserer Auffassung war ein solches Versprechen aufgrund der Neuregelung in § 13a Absatz 2 UWG nicht erforderlich.
Der abmahnende Mitbewerber akzeptierte die einfache Unterlassungserklärung nicht und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Die daraufhin zunächst vom Landgericht Verden erlassene einstweilige Verfügung ist nach eingelegtem Widerspruch zurückgewiesen worden.
Nach Auffassung des LG Verden beseitigte im konkreten Fall die abgegebene einfache Unterlassungserklärung die Widerholungsgefahr, da die Voraussetzungen des § 13a Abs 2, 13 Abs. 4 UWG gegeben waren.
Das LG Verden bestätigte zudem im Wesentlichen die Linie des OLG Schleswig, auf welche wir uns berufen haben.
Zudem war für das Gericht von Bedeutung, dass unser Mandant den gerügten Verstoß nach Erhalt der Abmahnung umgehend eingestellt hatte.
Der vom Antragsteller geltend gemachte Unterlassungsanspruch wurde im Ergebnis zurückgewiesen. Wir freuen uns einen Erfolg für unseren Mandanten erzielen zu können.
Die Urteile des OLG Schleswig und des LG Verden haben bedeutende Auswirkungen für die Praxis.
Mussten früher Abgemahnte stets eine strafbewährte Unterlassungserklärung abgeben, wenn sie das Streitverhältnis außergerichtlich aus der Welt schaffen wollten, ist nunmehr in bestimmten Fällen möglich, eine einfache Unterlassungserklärung abzugeben ohne sich damit gleichzeitig der Gefahr einer teuren Vertragsstrafe im Wiederholungsfall auszusetzen.
Sowohl das OLG Schleswig als auch das LG Verden bestätigen in ihren Urteilen, dass nicht immer nach einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung eine strafbewährte Unterlassungserklärung erforderlich ist.
Die Frage, ob eine einfache Unterlassungserklärung ausreichend ist bedarf jedoch stets eine individuelle Einzelfallprüfung und sollte nicht pauschal beantwortet werden.
Sollten Sie eine Abmahnung und/oder eine einstweilige Verfügung oder eine Unterlassungsklage aus dem Bereich des Wettbewerbsrechts erhalten haben stehen wir Ihnen gerne zur Seite.