Das Landgericht Bielefeld hat mit Urteil von 07.07.2023 (Az.: 4 O 275/22) festgestellt, dass das unerlaubte Kopieren des Personalausweises im Rahmen einer ärztlichen Behandlung keinen DSVO-Schadensersatzanspruch auslöst.Im konkreten Fall wurde eine Kinderwunschpraxis verklagt, die bei der Datenerfassung der Klägerin, die sich dort in Behandlung begeben wollte, ihren Personalausweis kopiert hat, ohne dass die Kopie erforderlich war.Die Klägerin verlangte von der Beklagten gemäß Art. 82 DSVO Schadensersatz für die unerlaubte Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten.Nach Ansicht des zuständigen Landgerichts Bielefeld las zwar eine Datenschutzverletzung durch die Beklagte vor, aber das Landgericht konnte in diesem konkreten Fall keinen Schaden erkennen.
Zwar gäbe es für einen Schadensersatz keine Erheblichkeitsschwelle, so dass Bagatellschäden nicht vom Schadensersatz ausgeschlossen werden können. Allerdings sei zu verlangen, dass auf jeden Fall ein konkreter immaterieller Schaden tatsächlich eingetreten ist. Der Begriff des immateriellen Schadens sei weit auszulegen. Trotz des weiten Verständnisses des immateriellen Schaden sei nicht zu erkennen, dass die Klägerin einen Schaden erlitten habe.
Weiter hieß es im Urteil:
“Die in den Schriftsätzen formelhaft beschriebenen Ängste und Sorgen, das Unwohlsein sowie die Verunsicherung der Klägerin haben sich in der persönlichen Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht bestätigt.
Die Klägerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung ausgeführt, dass sie im Wesentlichen die Unsicherheit, was mit ihren Eizellen passiert sei und/oder passieren könne, umtreibe. Hinzu komme die Problematik mit dem Datenschutz, man höre und lese immer wieder, dass medizinische Daten nicht sicher verwahrt und Krankenunterlagen beispielsweise – ohne sie zu vernichten – im Müll entsorgt werden würden. Die Klägerin wolle auf keinen Fall, dass ihr Name im Zusammenhang mit der Entnahme von Eizellen bekannt werde.
Der Hauptpunkt, der sie umtreiben würde und sie gelegentlich am Einschlafen hindere, sei aber die Unsicherheit, was mit ihren Eizellen sei. Sie habe als Nebenpunkt dann von ihrem Anwalt erfahren, dass in der Praxis der Beklagten keine Kopie ihres Personalausweises hätte gemacht werden dürfen.“
Das Gericht entnahm den Ausführungen der Klägerin, dass die vorgetragenen Sorgen und Ängste gar nicht durch das Kopieren des Personalausweises ausgelöst worden sind, sondern durch den ausgelagerten Transport ihrer Eizellen. Das Gericht folgerte dieses insbesondere aus der Angabe der Klägerin, nach der sie erstmal von ihrem Anwalt erfahren habe, dass das Kopieren des Personalausweises nicht erlaubt war. Der Anlass der Klägerin, einen Rechtsanwalt aufzusuchen, sei also nicht dieses Umstand gewesen sondern eben der ausgelagerte Transport ihrer Eizellen. Erst die anwaltliche Beratung habe sodann die Sorge im Hinblick auf das Kopieren des Ausweises hervorgerufen und nicht bereits die Kenntnis von der Kopie des Ausweises.
Somit hat das Landgericht Bielefeld in diesem konkreten Fall keinen immateriellen Schaden durch das Kopieren des Personalausweises erkennen können.
Es ist natürlich zu beachten, dass dieses Urteil einen sehr einzelfallbezogenen Sachverhalt behandelt hat und nicht per se für das Kopieren eines Personalausweises keinen Schadensersatz vorsieht. In anderen Fallkonstellationen kann ein Gericht zu einem ganz anderen Ergebnis kommen.
Wir beraten Sie gerne zu Ihrem konkreten Einzelfall. Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail – wir helfen Ihnen!