Im Juni haben wir bereits über die neue Richtlinie zum Verbraucherschutz im Internet berichtet. Diese wurde am 23. Juni 2011 vom Europaparlament verabschiedet, die Zustimmung des Rates stand noch aus. Gestern hat dann der Europäische Rat die Verbraucherrichtlinie angenommen. Bis Mitte 2013 müssen die Regelungen in nationales Recht umgesetzt werden.
Diese Vollharmonisierung im Fernabsatzrecht bedeutet, dass nationale Gesetzgeber keine abweichenden Vorschriften mehr erlassen dürfen. Dadurch wird der europaweite Handel zum ersten Mal rechtlich einheitlich und damit auch attraktiver, da Unsicherheiten aufgrund der unterschiedlichen Regelungen der Mitgliedsstaaten minimiert werden. Einige wenige Ausnahmen vom Prinzip der Vollharmonisierung bilden z.B. die Informationen im E-Commerce und die Regelungen der Vertragssprache.
Die Neuerungen im Einzelnen betreffen das Widerrufsrecht und Informationspflichten:
1. Widerrufsfrist
Durch die Richtlinie wird die Widerrufsfrist für ganz Europa auf 14 Tage festgelegt. Bisher galt nach der deutschen Rechtsprechung ein einmonatiges Widerrufsrecht jedenfalls bei eBay-Auktionen. Einheitlich soll die Frist bei der Lieferung von Waren am Tag der Lieferung der Ware beim Verbraucher beginnen, wohingegen nach der heutigen Fristenberechnung im BGB die Widerrufsfrist erst nach Erhalt der Ware zu laufen beginnt. Bei fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht soll sich die Widerrufsfrist auf 12 Monate verlängern. Dies stellt für deutsche Onlinehändler einen erheblichen Vorteil gegenüber der bisherigen Regelung dar, wonach die Widerrufsfrist gar nicht zu laufen beginnt, so lange nicht über das Widerrufsrecht belehrt worden ist.
Es wird darüberhinaus, ähnlich wie momentan im EGBGB eine europäische Musterwiderrufsbelehrung verfügbar sein.
2. Hinsendekosten
Macht der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, hat der Händler die Hinsendekosten zu tragen. Es entsteht jedoch keine Erstattungspflicht zusätzlicher Kosten, wenn der Verbraucher sich für eine teurere, als die vom Händler angebotene Standardversandvariante entschieden hat. Für die Praxis bedeutet das, dass etwa Zuschläge für Expresslieferungen nicht erstattungspflichtig werden.
3. Kosten der Rücksendung bei Widerruf – das Ende der 40-Euro-Klausel
Eine weitere Neuerung wird sein, dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen hat, wenn er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Voraussetzung dafür ist, dass er vorher vom Unternehmer über diese Rechtsfolge belehrt worden ist. Es ist daher auch nicht mehr vorgesehen, dass die Kostentragung vertraglich, wie etwa durch AGB, vereinbart wird. Damit wird zukünftig die 40-Euro-Klausel und die sich darum rankende Problematik entfallen.
Wenn allerdings der Händler von dieser Regelung Gebrauch macht und dem Kunden nicht aus Kulanz und im Hinblick auf einen Wettbewerbsvorteil die Kosten der Rücksendung abnimmt, muss er die Höhe der Rücksendekosten angeben, sofern der Artikel nicht auf dem normalen Postwege versendet werden kann.
4. Widerrufserklärung
Die Richtlinie sieht des Weiteren vor, dass der Widerruf nicht mehr einfach durch Rücksendung der Ware erklärt werden kann, sondern eine ausdrückliche Erklärung notwendig sein wird. Dies kann gemäß Art. 11 der Richtlinie durch das Musterwiderrufsformular aus der Anlage der Richtlinie geschehen oder durch eine entsprechende andere eindeutige Erklärung.
Für den Händler wird die Annahme von kommentarlos zurückgesendeter Ware unter Umständen dennoch nicht umgänglich sein, da der Verbraucher auch gleichzeitig anderweitig den Widerruf hat erklären können.
5. Rücksendefrist
Unternehmerfreundlich wurde hingegen die Rückabwicklung des widerrufenen geregelt. Es mag zunächst nachteilhaft erscheinen, dass der Händler innerhalb von 14 Tagen ab Widerruf den Kaufpreis zurückzuerstatten hat (bisher sind es 30 Tage). Es ist jedoch ein Zurückbehaltungsrecht vorgesehen, so lange der Händler die Ware nicht zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis der Absendung erbracht hat. hierbei ist maßgeblich, welche der beiden Varianten früher geschieht.
Die Richtlinie verpflichtet den Verbraucher wiederum zur Rücksendung der Ware ohne unnötige Verzögerung, spätestens binnen 14 Tagen nach Widerrufserklärung. Auch der Verbraucher hatte bislang 30 Tage Zeit für die Rücksendung.
6. Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Folgende Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind vorgesehen:
– versiegelte, hygienisch sensible Waren, die wegen der Hygiene oder des Gesundheitsschutzes nicht zur Rückgabe geeignet sind. Dabei muss die Versiegelung jedoch entfernt worden sein.
– Waren, die aufgrund ihrer Eigenart untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden
– alkoholische Getränke, wenn deren Preis beim Abschluss des Kaufvertrags vereinbart wurde, die Lieferung aber erst nach 30 Tagen erfolgen kann und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat
e jetzt verabschiedete Richtlinie ist ein großer Schritt in Sachen Rechtsangleichung
7. Pflichtinformation: Liefertermin
Der Versandhändler wird künftig verpflichtet sein, über die Zahlungs-, Liefer-, und Leistungsbedingungen sowie den Termin, bis zu dem er die Ware liefert zu informieren.
8. Kosten der Zahlungsart
Es wird dem Händler in Zukunft verboten, Zuschläge für eine gewählte Zahlungsart (etwa Kreditkarte) zu verlangen. Es dürfen nur die Kosten verlangt werden ,die dem Händler wegen der Verwendung dieser Zahlungsart auch entstehen.
9. Auslandslieferungen
Der Händler muss spätestens bei Beginn der Bestellung angeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen. Es besteht nämlich kein Zwang zur Lieferung ins EU-Ausland, wenn jedoch keine Auslandslieferung angeboten werden soll, besteht hierüber eine Informationspflicht. Auch darüber, welche Zahlungsmittel akzeptiert werden muss der Händler informieren. Natürlich kann der Onlinehändler diese Angaben bereits in seinem Online-Angebot machen.
10. keine kostenpflichtigen Kundenhotlines
Eine für den Verbraucher besonders erfreuliche Regelung ist, dass der Onlinehändler keine Kundenhotline einrichten darf, bei denen der Verbraucher mehr als den Grundtarif zahlen muss. Für den Fall, dass der Händler beispielsweise im Impressum eine kostenpflichtige Hotline bereit stellen möchte, muss er jedoch sicher stellen, dass für Kunden mit geschlossenen Verträgen eine kostenlose Rufnummer bereit gehalten wird, über die der Kunde auch hinreichend informiert wird.
11. Schutz vor Abo-Fallen
Die neuen Regelungen der Richtlinie sehen einen besseren Schutz des Verbrauchers vor Abo-Fallen durch die sog. "Schaltflächenlösung" vor:
In Art. 8 II der Richtlinie wird bestimmt, dass der Verbraucher in Zukunft nur dann an Online-Bestellungen über Waren oder Dienstleistungen gebunden ist, wenn per Knopfdruck eindeutig bestätigt wird, dass er eine kostenpflichtige Leistung, zum Beispiel ein Abonnement oder eine Ware, erwirbt. Außerdem muss der Händler den Verbraucher vorher ausreichend informiert haben über:
– die wesentlichen Merkmale der Ware
– den Gesamtpreis einschließlich Steuern und Abgaben sowie ggf. alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten und alle sonstigen Kosten
– ggf. die Laufzeit des Vertrages
– ggf. die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht.
Bei Nichteinhaltung ist der Verbraucher nicht an die Bestellung gebunden.
Die Richtlinie sieht darüberhinaus eine Pflicht zur eindeutigen Kennzeichnung von Bestellbuttons vor, wie etwa "Kaufen".
Viele Neuerungen, die in Zukunft von Online-Händlern beachtet und umgesetzt werden müssen. Wie jede Neuerung bergen auch diese wieder neue Abmahngefahren. Zunächst bleibt abzuwarten, wie die Mitgliedsstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen werden.
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