Das OLG Hamburg hat jüngst zu entscheiden gehabt, ob das FernUSG auf Coaching-Verträge anwendbar ist, wenn dort nicht bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (OLG Hamburg, Urteil vom 20.02.2024 – 10 U 44/23)
Grundsätzlich ist das FernUSG auf Coaching Verträge anwendbar, wenn eine „Überwachung des Lernerfolges“ vertraglich vereinbart ist sowie Coach und Schüler ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind.
Die Klägerin in diesem Verfahren bot Lehrgänge über das Internet an, über die die Teilnehmer lernen sollten, im Internet mit Print on demand Erfolg zu haben. Dabei bestand der Vertragsinhalt im Wesentlichen aus einem sechsmonatigen Programm, zu dem die Teilnehmer einen Zugang zu einem Videokursbereich erhielten. Dort konnten 235 Schulungsvideos und ca. 40 Stunden Videomaterial abgerufen werden. Hinzu kamen zweistündige Zoom-meetings alle drei Wochen. Der Preis des Coachings betrug 6.400 €.
Der Beklagte war Teilnehmer des Coachings und hatte seinen Vertrag aber kurz Zeit nach Vertragsschluss widerrufen.
Nachdem das Landgericht Hamburg die Wirksamkeit des Vertrages verneint hatte, weil der Anbieter nicht über eine notwendige Zulassung nach dem FernUSG verfügte, hat das Oberlandesgericht Hamburg nun das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Gebühr verurteilt.
Nach Ansicht des OLG ergebe sich aus dem Vortrag der Parteien nicht, dass eine Überwachung des Lernerfolges vertraglich geschuldet sei:
„Aus dem von den Parteien vorgetragenen Inhalt des Vertrages ergibt sich ein solches Recht nicht. Geschuldet wird in dem streitgegenständlichen Vertrag gerade keine „Überwachung“ des Lernerfolges, sondern der Vertragspartner sollte dem Beklagten nur für individuelle Fragen im Rahmen des „Coachings“ bzw. „Mentorings“ zur Verfügung stehen. Dem Wort „Überwachung“ wohnt ein Kontrollelement inne (vgl. https://www.dwds.de/ und https://www.wortbedeutung.info. Allein die Gelegenheit des Beklagten im Rahmen des Coachings Fragen zu stellen, stellt schon dem Wortsinne nach keine „Überwachung“ dar. Eine Kontrolle eines etwaigen Lernerfolges schuldete die Klägerseite gerade nicht. Den Anwendungsbereich des Gesetzes auch auf solche Fälle auszudehnen, in denen gerade keine Kontrolle des Lernerfolges vereinbart wurde, sondern lediglich die Möglichkeit des Vertragspartners besteht, Fragen zu stellen, würde insofern dem klaren Wortlaut widersprechen.
Ein solches Verständnis von der Norm widerspricht auch nicht der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.10.2009 (III ZR 310/08, zitiert nach juris). Im dortigen Fall hatte die Klägerin den Anspruch, eine persönliche Lernkontrolle herbeizuführen, „ob das bisher Erlernte richtig verstanden wurde“ und „sitzt“. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lässt sich ein solcher Anspruch gerade nicht aus dem Vertrag herleiten, denn im streitgegenständlichen Fall wurde gerade kein Vertrag über einen „Lehrgang“ oder ein „Studium“ geschlossen, der Beklagte sollte kein „Absolvent“ sein und auch kein „Zertifikat“ erhalten. Keiner der im streitgegenständlichen Fall verwendeten Begriffe („Mentoring“, „Coaching“) lässt darauf schließen, dass eine Lernerfolgskontrolle stattfinden sollte.
Dem steht auch nicht das Urteil des OLG Celle vom 01.03.2023 – 3 U 85/22 entgegen. Im dort entschiedenen Fall hatte die Beklagte – anders als der Beklagte im streitgegenständlichen Fall – Zugang zu einer „Akademie“, die auch „Prüfungen“ beinhaltete und das jeweils nächste Videokursmodul wurde erst dann freigeschaltet, wenn der vorangehende Abschnitt angesehen worden war. Entsprechende Bestandteile einer Erfolgskontrolle wies der streitgegenständliche Vertrag gerade nicht auf.
Eine „Überwachung“ des Lernerfolges i.S.d. § 1 FernUSG war damit gerade nicht geschuldet. Der Vertrag ist daher nicht nichtig gem. § 7 Abs. 1 FerUSG. […]“
An diesem Urteil ist klar erkennbar, dass jeder Sachverhalt für sich besonders sorgfältig geprüft werden muss. In dem oft zitierten Urteil des OLG Celle wollte man teilweise ein Grundsatzurteil sehen, dass pauschal auf alle Coachings anwendbar sein sollte, die eine Kontaktmöglichkeit boten. Doch ist hier genau zu prüfen unter welchen Voraussetzungen eine Lernerfolgskontrolle stattfindet und ob diese wirklich vertraglich geschuldet ist.
Wenn Sie Fragen zum Coaching Vertrag haben oder ob Sie Möglichkeiten eine Widerrufs oder einer Kündigung prüfen wollen stehen wir Ihne gerne zur Verfügung.