Abmahnungen gehören in der anwaltlichen Praxis von Wettbewerbsrechtlern zum täglich Brot. Für Betroffene sind sie zumeist lästig, vor allem weil sie (womöglich leicht vermeidbare) Kosten verursachen. Um sich gegen diese zum Teil erheblichen Kosten abzusichern, unternehmen einige Wettbewerbsteilnehmer kreative Versuche, sich gegen anwaltliche Abmahnungen zu schützen.
So werden beispielsweise sog. Disclaimer eingesetzt. In diesen werden Mitwettbewerber aufgefordert, Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht doch freundlicherweise erst mal ohne anwaltliche Unterstützung anzuzeigen, damit diese sofort behoben werden können. Es sei doch nicht nötig, überflüssige Kosten zu verursachen. Auch werden verschiedene Reaktionen angekündigt, wenn Mitwettbewerber sich hieran nicht halten. Diese reichen von der unverblümten Drohung mit einer Gegenabmahnung, wie z.B. „Sollte es dennoch dazu kommen ist der Gegenpartei ein 100% rechtlich abgesicherter Auftritt anzuraten. Wie sagt unser Anwalt so schön: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Keine Partei ist frei von Fehlern!“ (sic!), über ebenso völlig unverblümte Ankündigungen, anfallende Kosten nicht zu erstatten, bis zur Androhung von Klageverfahren wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Disclaimers.
Solcherart Disclaimer haben freilich keine rechtliche Wirkung. Oder etwa doch?
Mit seinem Urteil vom 18.05.2017 hat das LG Düsseldorf entschieden, dass Wettbewerbsteilnehmer, die sich selbst unter den „Schutz“ eines solchen Disclaimers stellen wollen, diesen auch anderen Teilnehmern gegenüber einhalten müssen. Unabhängig davon, dass solche Disclaimer rechtlich unwirksam sind, sind sie geeignet, das Verhalten anderer Wettbewerbsteilnehmer dahingehend zu beeinflussen, berechtigte Abmahnungen nicht auszusprechen, bzw. dies ohne anwaltliche Hilfe zu tun. Der dahinter stehende Gedanke ist nachvollziehbar und durchaus charmant. „Wir sind doch alle erwachsene Menschen, lasst uns doch in Ruhe darüber reden.“
Wer dann aber mit zweierlei Maß misst und selbst anwaltliche Abmahnungen ausspricht, obwohl er selber per Disclaimer an seine Mitwettbewerber appelliert, verhält sich widersprüchlich und verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, so das Landgericht. Er hat dann ebenfalls keinen Anspruch auf die Erstattung der Anwaltskosten.
Eine konsequente Entscheidung, die zu begrüßen ist. Sie entspringt dem Grundsatz der Fairness des Wettbewerbs und macht deutlich, dass für sich genommen unwirksame Disclaimer doch erhebliche Auswirkungen entfalten können. Anwaltliche Abmahnungen sind natürlich weiterhin möglich, dann aber auf eigene Kosten. Denn wer von anderen die Einhaltung höherer Standards erwartet, muss sich selbst auch an ihnen messen lassen. Hieraus lässt sich auch folgern, dass der Einsatz solcher Disclaimer mit großer Vorsicht zu genießen ist. Bei weiteren Fragen zu diesem Thema steht Ihnen das Team von Dr. Schenk jederzeit gern zur Verfügung.