Das Oberlandesgericht Bremen hat in seinem Beschluss vom 01.07.2013, Az.: 2 U 44/13, festgelegt, wann die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG ist.
Die Klägerin und die Beklagte sind Wettbewerber im Rahmen des Einzelhandels und veräußern Braut – und Abendmode. Wegen verschiedener Wettbewerbsverstöße mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Die Beklagte mahnte die Klägerin ebenfalls wegen diverser Wettbewerbsverstöße ab, woraufhin die Klägerin einen „Vergleich“ vorschlug, der den wechselseitigen Verzicht auf die Abgabe der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen beinhaltete. Diesen Vergleichsvorschlag lehnte die Beklagte jedoch ab.
Daraufhin erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Bremen vom 23.01.2013, mit der der Beklagten das wettbewerbswidrige Verhalten untersagt wurde. Das Landgericht Bremen bestätigte die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 04.04.2013 in 4 von 5 Anträgen und verneinte einen – wie von der Beklagten geltend gemachten- Rechtsmissbrauch der Klägerin.
Die Beklagte hatte vorgetragen, dass sich die Klägerin mit dem zuvor gemachten Vergleichsvorschlag rechtsmissbräuchlich verhalten habe. Durch ihr Vorgehen habe die Klägerin gezeigt, dass es ihr nicht um die Beseitigung von Wettbewerbsverstößen, sondern darum ginge, die Beklagte mit Kosten zu überziehen – auch aus dem Gesichtspunkt heraus, dass bereits im Vorfeld mehrfache Auseinandersetzungen zwischen den Parteien bestanden haben.
Die Beklagte legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Bremen ein, jedoch erfolglos. Das OLG Bremen teilte mit Beschluss vom 01.07.2013 mit, dass es beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen, woraufhin die Beklagte die Berufung zurücknahm. Das OLG Bremen bestätigte damit das Urteil des LG Bremen.
Auch das OLG Bremen ist der Auffassung, dass es sich bei dem Verhalten der Klägerin nicht um Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG handelt. Voraussetzung für einen Missbrauch sei das beherrschende Motiv bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremder und für sich nicht schützenswerter Ziele. Ein sachfremdes Motiv kann zwar der vergebliche Versuch sein, sich den Anspruch abkaufen zu lassen. Ein solches Motiv sah das OLG Bremen im vorliegenden Fall jedoch nicht.
Der Klägerin kam es nicht vorrangig darauf an, einen gegen sie gerichteten Angriff abzuwehren, was sich schon daraus erkennen lässt, dass sie als erste die Beklagte wegen verschiedener Wettbewerbsverstöße abmahnte. Aufgrund der darauf folgenden Vorwürfe der Beklagten, war die Klägerin veranlasst, eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Damit stellt der Vergleichsvorschlag der Klägerin weder eine unredliche Druckausübung dar, noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass es der Klägerin weniger um wettbewerbskonformes Verhalten und mehr um ihr anwaltliches Gebühreninteresse geht. Gegenteilig wollte die Klägerin durch einen Vergleich gerade weitere – auf beiden Seiten entstehende – Kosten umgehen.
Im Ergebnis liegt kein Rechtsmissbrauch vor, wenn ein Wettbewerber eine Abmahnung erteilt, infolge dessen selbst abgemahnt wird und nach einem gescheiterten Vergleichsversuch eine einstweilige Verfügung erwirkt.