Durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage kann der gekündigte Arbeitnehmer die Rechtmäßigkeit der Kündigung vom Gericht prüfen lassen. In seinem Urteil vom 29.09.2012 (Az.: 5 Ca 949/12) hatte sich das Arbeitsgericht Duisburg damit auseinanderzusetzen, ob ein die Kollegen und den Arbeitgeber beleidigender Eintrag des Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt.
Im vorliegenden Fall kündigte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, nachdem dieser nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit wieder in den Betrieb zurückkehrte. Als Begründung führte er einen Eintrag des Arbeitnehmers auf Facebook an, in dem dieser denunzierende Äußerungen getätigt hatte. Dieser war zunächst für alle Facebooknutzer sichtbar und richtete sich eindeutig gegen eine Mitarbeiterin.
Im Ergebnis jedoch kam das Gericht zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung. Bereits die Kündigungsfrist von zwei Wochen des § 626 II BGB ab Kenntnis der kündigungsberechtigenden Umstände hatte der Arbeitgeber nicht eingehalten. Denn von dem Eintrag erfuhr der Arbeitgeber am 20.03.2012, die Kündigung wurde jedoch erst am 16.04.2012 ausgesprochen. Zwar billigt die Rechtsprechung dem Arbeitgeber eine Hemmung dieser Frist für weitere Aufklärungsmaßnahmen zu, doch im vorliegenden Fall betrieb der Arbeitgeber solche nicht, sodass eine Hemmung aus diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht kommt. Auch eine Berufung auf die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers und eine damit zusammenhängende Hemmung der Frist ist nicht einschlägig, da der Arbeitnehmer aufgrund einer Knieverletzung dennoch im Krankenhaus telefonisch erreichbar gewesen wäre und eine fristgerechte Anhörung hätte erfolgen können. Daher ist die fristlose Kündigung bereits aus diesem Grund unwirksam.
Auch die hilfsweise erklärte ordentliche fristgerechte Kündigung ist gem. § 1 des KSchG an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers voraus. Die Pflichtverletzung muss schuldhaft begangen worden sein und weiter muss feststehen, dass dieses Verhalten das Arbeitsverhältnis auch in Zukunft beeinträchtigen wird (Prognoseprinzip). Auf der letzten Stufe ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Das Prognoseprinzip dient der Vermeidung weiterer Pflichtverletzungen, weshalb einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich zunächst eine Abmahnung vorauszugehen hat. Nur in Extremfällen kann hierauf verzichtet werden; in der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass ein solcher bei groben Beleidigungen des Arbeitgebers und Kollegen gegeben ist. Demgegenüberzustellen sei im Rahmen der Interessenabwägung jedoch auch die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers, welche generell hohen Schutz beansprucht.
Letztlich erkennt das Gericht zwar die hohe Bedeutung der Verbreitung von Äußerungen in sozialen Netzwerken an und spricht diesen eine von der Intensität her stärkeren Wirkungskreis zu als Äußerungen lediglich im privaten Kreis unter Arbeitskollegen. Dennoch kommt es zu dem Schluss, dass die Kündigung unwirksam war, da der Arbeitnehmer besagte Äußerungen nicht ohne Anlass, sondern vielmehr im Affekt getätigt hätte. Denn die Arbeitskollegen hatten ihn zuvor beim Arbeitgeber angeschwärzt, sodass seine Äußerungen „nicht ohne Rücksicht auf einen konkreten Anlass nur zur Verunglimpfung einer Person gemacht“ wurden. Daher könne ohne vorherige Abmahnung keine Prognose auf erneute gleichartige Äußerungen aufgestellt werden. Es handle sich vielmehr um eine zwar schuldhaft begangene Pflichtverletzung, die aber nicht eine sofortige verhaltensbedingte Kündigung rechtfertige, da aufgrund der Umstände des Eintrags lediglich von einem Einzelfall auszugehen sei.
Im Ergebnis kam das Gericht daher zu einem Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers.