Im Jahr 2012 sind durch das BAG einige wichtige und grundlegende Entscheidungen im Bereich des Urlaubsrechts getroffen worden. Um einen Überblick darüber zu erhalten, welche Rechte und Pflichten im Rahmen des Urlaubsanspruchs auf Seiten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehen, werden diese Entscheidungen im Folgenden kurz dargestellt.
1. Urlaubsabgeltungsanspruch und tarifliche Ausschlussfristen
In seinem Urteil vom 21.02.2012, Az.: 9 AZR 486/10, hat das BAG festgestellt dass die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 7 Abs. 4 BUrlG im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird und ausschließlich als Geldanspruch entsteht. Zudem kann dieser Anspruch dabei einer tariflichen Ausschlussfrist unterliegen.
Geklagt hatte ein Arbeitnehmer der von 1984 bis 2008 als kaufmännischer Angestellter tätig war und mit seiner Klage die Abgeltung seines Mindesturlaubs aus den Jahren 2007 und 2008 verfolgte. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses galt ein allgemeinverbindlicher Manteltarifvertrag für Arbeitsverhältnisse in den bayrischen Groß- und Außenhandelsbetrieben. Hierin war geregelt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bei dessen Beendigung innerhalb von 2 Monaten nach Ausscheiden des Arbeitnehmers geltend gemacht werden müssen.
Der Arbeitnehmer war im Zeitraum vom 06.06.2007 bis 01.08.2008 krankheitsbedingt arbeitsunfähig und hatte vom Arbeitgeber weder für das Jahr 2007, noch für das Jahr 2008 Urlaub gewährt bekommen. Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer sodann und die Parteien schlossen einen Vergleich, in welchem sie jedoch eine Regelung über Urlaubsansprüche nicht geschlossen hatten.
Nunmehr verlangte der Arbeitnehmer seinen gesetzlichen Mindesturlaub aus den Jahren 2007 und 2008.
Das BAG hat in seinem Urteil festgestellt, dass der gesetzliche Mindesturlaub abzugelten sei, unabhängig davon, ob der Freistellungsanspruch im Rahmen eines gedachten Arbeitsverhältnisses erfüllbar sei. Dieser Anspruch unterliege jedoch den tariflichen Ausschlussfristen, welche der Arbeitnehmer nicht eingehalten habe. Das Gericht war der Auffassung, allein die Erhebung einer Kündigungsschutzklage reiche hier für eine Fristwahrung nicht aus. Grundsätzlich sei eine Klagerhebung zwar geeignet um solche Fristen zu wahren. In diesem Fall knüpfe der Urlaubsabgeltungsanspruch jedoch nicht an den Erfolg der Kündigungsschutzklage, sondern vielmehr an das Gegenteil – die Beendigung des Arbeitsverhältnisses – an. Eine Anknüpfung des geltend gemachten Anspruchs an den Erfolg der Kündigungsschutzklage ist jedoch erforderlich dafür, dass mit Einreichung der Klage eine Frist gewahrt werden soll.
Die Klage wurde letztlich abgewiesen.
2. Doppelarbeitsverhältnis und die Anrechenbarkeit bereits gewährten Urlaubs
In seinem Urteil vom 21.02.2012, Az.: 9 AZR 487/10, hatte sich das BAG mit der Frage zu befassen, ob im Rahmen eines doppelten Arbeitsverhältnisses bereits gewährter Urlaub anrechenbar ist.
Im Ausgangsfall lag zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis seit dem 01.02.2006 mit Eintrittsdatum zum 20.03.2006 vor, welches einen Urlaubsanspruch von 29 Tagen umfasste. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2007, wogegen die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage erhob. In diesem Rechtsstreit wurde rechtskräftig festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht vor Ablauf des Jahres 2008 aufgelöst worden ist. Während des Prozesses hatte die Arbeitnehmerin ein erneutes Arbeitsverhältnis mit der T-GmbH geschlossen und im Rahmen dessen einen Urlaubsanspruch von 21 Tagen für das Jahr 2008 erhalten.
Nunmehr verlangte die Klägerin von der Beklagten die Gewährung des Urlaubs für das Jahr 2008.
Das BAG erklärte, dass der Klägerin lediglich noch ein Urlaubsanspruch von 8 Tagen zustehe und hier kein Fall des § 6 Abs. 1 BUrlG vorliege. Diese Norm habe den Zweck doppelte Ansprüche des Arbeitnehmers auszuschließen und zwar für den Fall, dass der Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr infolge eines Arbeitsplatzwechsels bereits Urlaub von einem früheren Arbeitgeber gewährt bekommen hat. § 6 BUrlG solle verhindern, dass der Arbeitnehmer zwei Mal Urlaub für denselben Zeitraum erhalte und ihm damit ein höherer, als den gesetzlich vorgeschriebenen Urlaubsanspruch zustünde.
Erfasst werden in dieser Vorschrift allerdings nicht solche Fälle, in denen der Arbeitnehmer nach einer Kündigung ein neues Arbeitsverhältnis eingeht, im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses jedoch festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis zum ersten Arbeitgeber in diesem Jahr auch noch besteht. Hier läge sodann ein Doppelarbeitsverhältnis vor, bei welchem für jedes Arbeitsverhältnis an sich ein eigener Urlaubsanspruch in vollem Umfang entstehe. Voraussetzung dabei sei aber, dass der Arbeitnehmer seine Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen den jeweiligen Arbeitgebern gegenüber vollständig erfüllen könne. Dies war hier jedoch nicht der Fall, so dass der Arbeitnehmerin auch kein doppelter Urlaubsanspruch zustünde und sie sich stattdessen den bereits gewährten Urlaub von 21 Tagen auf ihren Urlaubsanspruch gegenüber dem ersten Arbeitgeber anrechnen lassen müsse.
Wegen der vergleichbaren Interessenlage griff das Gericht zur Begründung seiner Entscheidung analog auf die Anrechnungsvorschriften der § 1 Nr. 1 KSchG und § 615 S. 2 BGB zurück.
3. Urlaubsdauer wird nach Altersabhängigkeit gestaffelt
Das Urteil des BAG vom 20.03.2012, Az.: 9 AZR 529/10, schloss an die Rechtsprechung des BAG zum Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters an.
Geklagt hatte eine am 27.10.1971 geborene Arbeitnehmerin, die bei dem beklagten Landkreis angestellt war. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses galt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Hier war unter § 26 Abs. 1 geregelt, dass ein Urlaubsanspruch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Tage, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Tage und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Tage beträgt.
Die Klägerin war der Ansicht, dass eine solche, an das Lebensaltern anknüpfende Staffelung, eine Diskriminierung wegen des Alters darstelle und ihr ebenso viel Urlaub zustünde, wie einem Arbeitsnehmer, der das 40. Lebensjahr bereits vollendet hatte.
Der Beklagte berief sich hingegen auf die Regelung des § 10 AGG. Hiernach sei eine solche Altersstaffelung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Es handle sich um eine besondere Beschäftigungsbedingung zum Schutz älterer Beschäftigter, die zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei. Im zunehmenden Alter erhöhen sich auch die altersbedingten Krankheitstage, weshalb auf das verstärkte Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter einzugehen sei, um deren Leistungsfähigkeit zu stärken. Im Hinblick auf den Gesundheitsschutz sei eine solche Regelung somit geeignet um eine Ungleichbehandlung zu jüngeren Beschäftigten zu rechtfertigen. Letztlich habe eine Diskriminierung aufgrund des Alters auch keine Angleichung der Urlaubstage „nach oben“ zur Folge.
Das BAG vertrag hingegen die Ansicht, dass die Regelung des § 26 TVöD eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Alters beinhalte und diese nicht gerechtfertigt sei. Für die Annahme, dass ein erhöhtes Erholungsbedürfnis oder der Gesundheitsschutz die Ungleichbehandlung rechtfertigen sei kein Raum. Der Verstoß gegen die Diskriminierung im Alter, welcher in § 26 TVöD enthalten sei, könne nur dadurch beseitigt werden, dass der Urlaub der Klägerin für jedes Kalenderjahr „nach oben“ angepasst werde, also 30 Tage beträgt.
4. Abgeltung des Urlaubsanspruchs im bestehenden Arbeitsverhältnis
In der Entscheidung vom 20.04.2012, Az.: 9 AZR 504/10 hatte das BAG wiederholt entschieden, dass die Abgeltung des Urlaubs in einem andauenden und von keiner Seite gekündigten Arbeitsverhältnis nicht zulässig ist. Dies gelte sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub, als auch für einen tariflichen Mehrurlaub, soweit die Parteien nichts Gegenteiliges vereinbart haben.
Im Ausgangsfall war die klagende Arbeitnehmerin bei der Beklagten, bei der es sich um ein Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes handelte, seit dem 16.06.2003 beschäftigt. Die Parteien stritten um tarifliches Urlaubsgeld, den Umfang des Urlaubsanspruchs und über die Höhe eines Zuschlags für an einem Ostermontag geleistete Arbeit. Dem Arbeitsvertrag lag folgende Bezugnahmeklausel auf Tarifvorschriften zugrunde:
„ § 1. Fa. P-GmbH ist Mitglied des Bundesverbandes deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. Dieser Arbeitsvertrag unterliegt dem oben genannten Verband und der Gewerkschaft ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Hesse für das Bundesland Hessen abgeschlossenen Tarifvertrag.
§ 4. Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung von 8,21 E in der Stunde. Auf Grund der Tätigkeit wird zusätzlich eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Zulage von 0,12 € pro Stunde gezahlt. Die Zahlung weiterer Zulagen erfolgt gemäß den Bestimmungen des gültigen Landestarifvertrages.
§ 4.1. Der Arbeitnehmer erhält 34 Kalendertage Urlaub gemäß den Bestimmungen des gültigen Landestarifvertrages.
§ 4.2. Als Urlaubsgeld wird gemäß Tarifvertrag für jeden Urlaubstag 7,50 € gezahlt.“
Sodann trat am 01.07.2007 der Entgelttarifvertrag 2007 in Kraft, welcher bis zum 30.06.2009 für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Dieser enthielt im Vergleich zum vorherigen Lahn- und Gehaltstarifvertrag höhere Stundensätze. Daneben enthielt der am 01.07.2007 in Kraft getretene Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen weitere Regelungen, die eine Verschlechterung für den Arbeitnehmer im Vergleich zum vorher geltenden Tarifvertrag darstellten.
Die Parteien stritten nunmehr darum, ob die Bezugnahmeklauseln im Arbeitsvertrag eine statische Verweisung auf den Manteltarifvertrag 2003 beinhalte oder ob auf die jeweils aktuelle Fassung Bezug genommen worden sei.
Das BAG legte fest, dass es sich bei der Klausel im Arbeitsvertrag um eine umfassende zeitdynamische Verweisungsklausel auf alle im Bereich des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Hessen jeweils geltenden Tarifvertrag handle. Es lägen keine Anhaltspunkte für eine statische Verweisung vor. Lediglich ein fehlender Zusatz wie „in seiner jeweiligen Fassung“ reichen für die Annahme einer statischen Verweisung nicht aus.
5. Der Verfall von tarifvertraglich geregeltem Mehrurlaub
In dieser Entscheidung vom 22.05.2012, Az.: 9 AZR 575/10, hatte sich das BAG mit der Frage des tarifvertraglichen Mehrurlaubs, insbesondere dessen Verfall zu beschäftigen.
Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13.09.2005 Anwendung in dem u.a. geregelt ist:
„26. Erholungsurlaub
(1) …beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage…
(2) Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:
a) Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31.3. angetreten werden, ist er bis zum 31.5. anzutreten.
…“
Der Kläger war vom 23.06.2007 bis zum 07.10.2009 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Im Anschluss beantragte er bei seinem Arbeitgeber erfolglos die Gewährung des durch Tarifvertrags geregelten Urlaubs aus den Jahren 2007 und 2008.
Das BAG hingegen entschied, dass der Urlaubsanspruch des Klägers bereits verfallen sei und zwar für das Jahr 2007 am 31.05.2008 und für das Jahr 2008 am 31.05.2009. Auch aus der Rechtsprechung des EuGH ergebe sich nichts anderes. Diese unionsrechtlichen Vorgaben zu dem Nichtverfall von Urlaubsansprüchen bei langfristiger Erkrankungen beziehen sich nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen. Darüber hinaus gewährter und per Tarifvertrag festgelegter Urlaub könne von den Parteien frei geregelt werden.
Zwar bestünde zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem Mehrurlaub durch Tarifvertrag in der Behandlung ein gewisser „Gleichlauf“. Dieser sei aber dann nicht gewollt, wenn entweder bei der Regelung über den Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem und tarifvertraglichem Urlaub unterschieden wird. Oder vom Bundesurlaubsgesetzt abweichende Regelungen zum Verfall des Urlaubsanspruchs getroffen werden.
In diesem Fall haben sich die Parteien durch den Tarifvertrag vom gesetzlichen Fristenregime gelöst, indem der Verfall des Urlaubs abweichend geregelt wurde. Das der TöVD vorliegend nicht ausdrücklich den Verfall nach Fristablauf vorsehe, sei nach Ansicht des Gerichts unerheblich, das mit Fristablauf die Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs entfalle.
6. Urlaubsabgeltung auch nach Ablauf des Urlaubsjahres
In seinem Urteil vom 19.05.2012, Az.: 9 AZR 652/10, hat das BAG seine bisher vertretene Surrogatstheorie vollständig aufgegeben.
Die Parteien stritten um einen Urlaubsanspruch für das Jahr 2008 aus einem Arbeitsverhältnis, welches am 31.07.2008 beendet wurde. Der Arbeitnehmer hatte erst mit Schreiben vom 06.01.2009 die Abgeltung von noch 16 ausstehenden Urlaubstagen vom Arbeitgeber verlangt. Dieser hatte die Abgeltung abgelehnt.
In solchen Fällen ging das BAG bisher davon aus, dass der Abgeltungsanspruch als Ersatz für den Urlaubsanspruch auch mit Ablauf des Urlaubsjahres und spätestens mit Ablauf des Übertragungszeitraumes entfällt, da dieser an eben dieselben Voraussetzungen gebunden ist. Somit verfiel der Abgeltungsanspruch ebenso wie der Freistellungsanspruch, wenn er nicht rechtzeitig geltend gemacht wurde.
Mit dieser Entscheidung gibt das BAG die sog. Surrogatstheorie vollständig auf. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage ist, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen oder ob eine Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers vorliegt, in jedem Fall ist der Urlaub abzugelten. Dies gilt auch, wenn der während des Urlaubsjahres ausgeschiedene Arbeitnehmer seinen Abgeltungsanspruch erstmals nach Ablauf des Urlaubsjahres geltend macht. Ein Verfall nach § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG tritt nicht ein.
7. Urlaubsanspruch verfällt nach 15 Monaten bei krankheitsbedingtem Ruhen des Arbeitsverhältnisses
In seinem Urteil vom 07.08.2012, Az.: 9 AZR 353/10, befasste sich das BAG zum einen mit der Frage, ob ein Urlaubsanspruch auch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis entsteht und zum anderen mit der Thematik, ob sich bei einer Langzeiterkrankung die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers unbegrenzt ansammeln können.
Die anerkannt schwerbehinderte Klägerin war vom 01.07.2001 bis zum 31.03.2009 bei dem Beklagten beschäftigt. Durch § 2 des Arbeitsvertrages war geregelt, dass nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den Tarifverträgen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) bestimme.
Ab dem 20.12.2004 wurde die Klägerin sodann arbeitsunfähig krankgeschrieben und bezog eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung, dies auch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus.
Mit Ihrer Klage verfolgte die Klägerin die Abgeltung von 149 Urlaubstagen aus den Jahren 2005-2009.
Die Beklagte war der Ansicht, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien während des Bezugs der Erwerbsminderungsrente nach § 33 Abs. 2 S. 6 TVöD geruht habe und in dieser Zeit Urlaubsansprüche der Klägerin gar nicht erst entstanden seien. Zumindest habe die Klägerin aber nicht über Jahre hinweg die gesamten Urlaubsansprüche ansammeln können, da diesem Umstand sowohl Verjährungs- als auch Ausschlussfristen entgegenstünden.
Das BAG entschied hingegen, das der gesetzliche Erholungsurlaub und der Schwerbehindertenzusatzurlaub keine Arbeitsleistung im Urlaubsjahr voraussetze. Gesetzliche Urlaubsansprüche entstünden auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung beziehe und eine tarifvertragliche Reglung zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses führe.
Hinsichtlich der Anhäufung der Urlaubsansprüche entschied das BAG im Hinblick auf die KHS-Entscheidung des EuGH vom 22.11.2011, dass der Anspruch des Arbeitnehmers aufgrund unionskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 S.3 BUrlG zwar nicht erlösche, wenn der Übertragungszeitraum des Urlaubs abgelaufen, der Arbeitnehmer aber arbeitsunfähig sei. Dennoch ginge der Anspruch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nach einem Übertragungszeitraum von maximal 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres unter.
8. Urlaubsabgeltung und das Verhältnis von gesetzlichem Mindest – und tariflichem Mehrurlaub
In diesem Fall hatte das BAG mit Urteil vom 07.08.2012, Az.: 9 AZR 760/10, zu entscheiden, in welchem Verhältnis ein gesetzlicher Mindesturlaub zu einem tariflichem Mehrurlaub abgegolten wird, wenn eine vertraglich vereinbarte Tilgungsbestimmung fehlt.
Die Klägerin war in dem Zeitraum vom 01.02.1986 bis 28.02.2009 im Rahmen einer 5-Tage-Woche bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für Installateur- und Heizungsbauer-, Klempner-, Behälter- und Apparatebauer-Handwerk im Land Nordrhein-Westfalen (MTV) Anwendung. Hierin wurde u.a. geregelt:
„§ 6. Grundsatz der Urlaubsgewährung
1. Jeder Arbeitnehmer hat nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
…
§ 7. Allgemeine Urlaubsbestimmungen
…
6. Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. Liegt eine ununterbrochene Krankheit während eines gesamten Kalenderjahres vor und dauert diese Krankheit auch noch am 31.03. des folgenden Kalenderjahres an, so erlischt der Anspruch für das zurückliegende Kalenderjahr, es sei denn, die Arbeitsunfähigkeit ist durch einen Betriebsunfall/Wegeunfall im Sinne des SGB (Sozialgesetzbuch) verursacht.
…
§ 8. Urlaubsdauer
1. Der Urlaub beträgt für alle Arbeitnehmer 30 Arbeitstage.
2. Der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte regelt sich nach den gesetzlichen Bestimmungen.
…“
Im Jahr 2007 gewährte die Beklagte der Klägerin 15 Tage Urlaub. Seit dem 29.04.2008 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses war die Klägerin erkrankt. Mit Schreiben vom 20.02.2009 verlangte die Klägerin nunmehr die Abgeltung weiterer 15 Urlaubstage aus dem Jahr 2007. Sie war der Ansicht, dass diese 15 Tage aus dem gesetzlichen Mindesturlaub stammen, da die Beklagte 10 Tage im Rahmen des tariflichen Urlaubs und 5 Tage aus dem gesetzlichen gewährt habe. Da die Beklagte bei der Urlaubsgewährung keine Tilgungsbestimmung getroffen habe, sei § 366 Abs. 2 BGB anwendbar.
Das BAG folgte dieser Argumentation nicht. Es ging davon aus, dass bei der Beklagten keine betriebliche Übung bestand, wonach der Urlaub bis zum 31.12. des Folgejahres genommen werden könne. Damit sei der Urlaub der Klägerin ohnehin mit Ablauf des 31.03.2008 in Höhe von 10 Tagen verfallen. Selbst wenn man von einer solchen betrieblichen Übung zugunsten der Klägerin ausginge, sei ein Teilverfall in Höhe von 10 Tage spätestens am 31.12.008 eingetreten.
Nach Ansicht des BAG greife bei einer fehlenden Tilgungsbestimmung auch nicht der § 366 BGB, da dieser nur den Fall regele, dass der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet sei, wobei das vom Schuldner Geleistete zur Tilgung sämtlicher Schulden nicht ausreiche. Dies setzt eine Mehrheit von Schuldverhältnissen voraus, die bei einem Zusammentreffen von gesetzlichen und tariflichen Urlaubsansprüchen nicht gegeben sei. Hingegen liege vielmehr ein einheitlicher Anspruch auf Erholungsurlaub vor, der lediglich auf verschiedenen Anspruchsgrundlagen basiere.
Mit der Gewährung von 15 Urlaubstagen habe die Beklagte den gesetzlichen Mindesturlaub teilweise und den tariflichen Mehrurlaub in vollem Umfang gewährt. Damit sei lediglich ein Restanteil des gesetzlichen Mindesturlaubs von 5 Tagen von der Beklagten zu erfüllen gewesen, die jedoch spätestens mit Ablauf des 31.12.2008 verfallen seien.
9. Mindestlänge der Ausschlussfrist bei der Urlaubsabgeltung
Im Urteil vom 18.09.2012, Az.: 9 AZR 1/11, hatte das BAG zu entscheiden, ob eine im Tarifvertrag befindliche Ausschlussklausel von sechs Wochen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, wirksam ist.
Die Parteien stritten um die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2007-2009 aus einem Beschäftigungsverhältnis vom 15.03.1997 bis zum 31.07.2009. Die Arbeitnehmerin war auf der Grundlage eines vom Arbeitgeber vorformulierten Formulararbeitsvertrages eingestellt worden, in welchem vereinbart war, dass der Manteltarifvertrag des Bäckerhandwerks Baden-Württemberg Anwendung finden sollte. In diesem Manteltarifvertrag hieß es:
„ § 11 Urlaub.
…
6. Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Die Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Falle der Übertragung ist der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Jahres geltend zu machen und zu gewähren. Der Urlaubsanspruch erlischt am 31.03., sofern er nicht vorher erfolglos geltend gemacht worden ist. Der Urlaubsplan wird zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat oder, wo ein solcher nicht besteht, mit dem einzelnen Arbeitnehmer vereinbart und durch Aushang bekannt gegeben.
…
14. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden, so ist er abzugelten. Endet ein Arbeitsverhältnis durch Vertragsbruch des Arbeitnehmers, so verfällt der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Urlaubs- bzw. Abgeltungsanspruch.
…
§ 21. Ausschlussfristen
Alle gegenseitigen Ansprüche sind innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Entstehen schriftlich geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung dieser Ansprüche ausgeschlossen. Ist ein Arbeitnehmer durch außerordentliche Störung seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht in der Lage, Ansprüche gemäß Satz 1 geltend zu machen, so ist der Lauf der Ausschlussfrist bis zu dem Tage gehemmt, an dem diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen behoben sind.“
Die Klägerin war ab Herbst 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und bezog eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Diese war zunächst befristet und wurde im Folgenden als Dauerrente weitergewährt. Am 28.02.2009 forderte die Klägerin die Beklagte zur Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2007 und 2008 auf.
Das BAG ging davon aus, dass die im Arbeitsvertrag festgelegte Bezugnahme auf den Manteltarifvertrag wirksam sei. Auf die Tarifbestimmungen selbst, insbesondere im Hinblick auf die sechswöchige Ausschlussfrist, finde aber keine Angemessenheitskontrolle statt, da gem. § 310 Abs. 4 S.1 BGB die §§ 305 ff. BGB auf Tarifverträge keine Anwendung findet. Darüber hinaus sei eine sechswöchige Ausschlussfrist, deren Lauf gehemmt ist, wirksam sei. Diese Frist sei von der Klägerin nicht gewahrt worden.
Die Klägerin hatte zudem ihre Abgeltungsansprüche zu einem Zeitpunkt geltend gemacht, in dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht sicher gewesen sei und könne so – nach Ansicht des BAG – grundsätzlich die tarifliche Ausschlussfrist nicht wahren. Nach der Vorschrift ist zwar nicht ausdrücklich bestimmt, dass die Geltendmachung erst nach dem Entstehen des Anspruchs möglich ist. Aus der Vorschrift ergebe sich aber das die anspruchsbegründenden Tatsachen bei der Geltendmachung entweder bereits gegeben seien müssen oder deren Entstehung zumindest sich sei. Zweck der Vorschrift könne es nicht sein, dass Ansprüche vor ihrer Entstehung geltend gemacht und damit im Prinzip bloß angekündigt werden.
10. Nichterfüllbarkeit tariflichen Mehrurlaubs und der Ausschluss der Abgeltung
In dem Urteil des BAG vom 13.11.2012, Az.: 9 AZR 64/11, beanspruchte der Kläger vom beklagten die Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand vom 01.10.10974 bis zum 30.06.2008 im Bereich der Werksfeuerwehr des Beklagten. Der Arbeitsvertrag nahm Bezug auf den Manteltarifvertrag für die Chemische Industrie. In diesem wurde vereinbart, dass nicht erfüllbare Urlaubsansprüche vom Arbeitgeber nicht abzugelten seien.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger nunmehr die Abgeltung von insgesamt 33 Urlaubstagen aus den Jahren 2007 und 2008 vom Beklagten. Dieser galt dem Beklagten im September 2009 13 Urlaubstage im Rahmen des gesetzlichen Mindesturlaubs ab. Der Kläger verlangte auch die Abgeltung der weiteren 20 Urlaubstage aus tariflichem Mehrurlaub.
Das BAG entschied, dass der hier tarifvertraglich vereinbarte Mehrurlaub nicht abzugelten sei. Der Mehrurlaub sei für den Arbeitgeber damalig aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht erfüllbar gewesen. Mit der tarifvertraglich vereinbarten Regelung zum Ausschluss von Abgeltungsansprüchen bei nicht Erfüllbarkeit hätten die Parteien ein eigenständiges, vom Bundesurlaubsgesetzt abweichendes, Abgeltungsregime geschaffen, durch welches dem Arbeitnehmer die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden.
Durch die vereinbarte Tarifnorm sei das Risiko, dass der Arbeitgeber einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer Urlaub nicht gewähren könne, auf den Arbeitnehmer übertragen worden.