Ausgangspunkt und Bedeutung der Entscheidung Mit seinem Urteil vom 12. Juni 2025 (III ZR 109/24) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Reichweite des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (Fernunterrichtsschutzgesetz – FernUSG) grundlegend präzisiert und ausgeweitet. Die Entscheidung stärkt den Schutz aller Vertragsparteien im Fernunterricht – über den klassischen Anwendungsbereich „Unternehmer gegen Verbraucher“ hinaus – und stellt wichtige Grundsätze hinsichtlich der Nichtigkeit nicht zugelassener Fernunterrichtsverträge sowie der Konsequenzen für Vergütungsansprüche auf
Erweiterter Schutzzweck des FernUSG
Der BGH legt den Schutzzweck des FernUSG in bemerkenswerter Deutlichkeit weit aus. Nach seiner Auffassung sind nicht nur Verbraucher, sondern sämtliche Personen – also auch Unternehmer und Freiberufler – vom Schutzbereich des FernUSG erfasst, sofern sie mit einem Anbieter einen Vertrag über Fernunterricht im Sinne von § 1 FernUSG schließen. Die Unterscheidung, ob der Vertrag für private, gewerbliche oder selbständige berufliche Zwecke geschlossen wird, ist für die Anwendbarkeit des Gesetzes ausdrücklich unerheblich. Damit wird erstmals höchstrichterlich klargestellt, dass der Adressatenkreis des FernUSG nicht auf Verbraucher im Sinne des § 13 BGB beschränkt ist.
Keine Vergütungspflicht ohne Zulassung: Nichtigkeit nach § 12, § 7 FernUSG Besonders praxisrelevant ist die Aussage, dass ein Fernunterrichtsvertrag grundsätzlich nichtig ist, sofern die nach § 12 Abs. 1 FernUSG erforderliche Zulassung für den Lehrgang fehlt (§ 7 Abs. 1 FernUSG). Das hat zur Folge, dass der Teilnehmer (gleichgültig ob Verbraucher oder Unternehmer) schon im Grundsatz einen Anspruch auf Rückforderung der gezahlten Vergütung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat.
- Wertausgleich durch die Saldotheorie: Ausnahme vom Rückforderungsanspruch Allerdings lässt der BGH eine Einschränkung zugunsten des Anbieters zu: Ein Anspruch auf Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB kann der Rückforderung des Teilnehmers entgegengehalten werden, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Anbieter darf keine Kenntnis von dem Verstoß gegen das FernUSG gehabt haben.
- Der Anbieter muss substantiiert darlegen können, welchen objektiven Wert die erbrachten Leistungen für den Teilnehmer hatten. Insbesondere muss er nachweisen, dass der Teilnehmer bei einem anderen – nach FernUSG zugelassenen – Anbieter einen vergleichbaren Kurs hätte absolvieren können und hierfür eine entsprechende Vergütung hätte aufwenden müssen.
Im Falle eines solchen Wertersatzanspruchs erfolgt die Verrechnung nach der sogenannten „Saldotheorie“: Nur der übersteigende Teil ist herauszugeben.
Fazit und Praxishinweis
Die BGH-Entscheidung bringt eine wesentliche Klarstellung und Erweiterung des Schutzniveaus im Fernunterrichtsrecht – zugunsten sämtlicher Teilnehmer, unabhängig von deren Status als Verbraucher oder Unternehmer. Anbieter von Fernunterricht ohne die erforderliche Zulassung riskieren nicht nur die Nichtigkeit ihrer Verträge, sondern müssen im Rückforderungsprozess prozessual erhebliche Anforderungen erfüllen, um Wertersatz geltend machen zu können. Für Anbieter und Teilnehmer empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen und Vertragsgestaltung.