Zu dieser Frage hat sich der BGH in seinem Urteil vom 24.02.2022 (Az.: I ZR 128/21) geäußert.
Aus dem Gesetzeswortlaut des neuen UWG ergibt sich das Folgende:
“Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu (…)
- jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt”.
Die Eigenschaft als Mitbewerber gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aF/nF erfordert ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
Das konkrete Wettbewerbsverhältnis liegt vor, „wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann. Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt.“
In dem Verfahren, über das der BGH zu entscheiden hatte, ist ein Unternehmen verklagt worden, das sich auf den Erwerb von Versicherungs- und Bausparverträgen zu deren Fortführung, Kündigung oder Verkauf spezialisiert hat. Klägerin war eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten.
Nach Ansicht der BGH-Richter ist das Wettbewerbsverhältnis, wie auch schon unter der alten Regelung, so auch jetzt weit auszulegen.
“Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. ist die Anspruchsberechtigung der Klägerin als Mitbewerberin zusätzlich davon abhängig, dass sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreibt oder nachfragt.
Damit soll Missbrauchsmöglichkeiten vorgebeugt werden, die sich aus einer nur pro forma, aber nicht ernsthaft und nachhaltig betriebenen Geschäftstätigkeit ergeben (…) und sich durch ein Missverhältnis der Abmahntätigkeit zur sonstigen Geschäftstätigkeit auszeichnen können (…). Nach der Gesetzesbegründung sowie mit Blick auf die erforderliche Effektivität der Durchsetzung des Lauterkeitsrechts dürfen jedoch keine zu hohen Hürden an Umfang und Dauer der Geschäftstätigkeit gestellt werden (…). Bei der Prüfung der Voraussetzungen von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nF sind ferner die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen.”
In dem konkreten Fall reichte für die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses aus, dass die Beklagte sich mit dem Angebot, Versicherungsverträge im Interesse der Kunden zu überprüfen, in den direkten Wettbewerb zu der von der Klägerin angebotenen Rechtsberatung stellte. Diese Rechtsberatung umfasste nämlich auch die Prüfung von Kündigungs- und Rückabwicklungsmöglichkeiten von Lebensversicherungsverträgen, um aus diesen Verträgen Liquidität zu erhalten. Somit bestand nach Ansicht der Richter der wettbewerbsrechtliche Bezug in den gleichartigen und damit substituierbaren Beratungsleistungen.
Der Einwand der Beklagten, keine Beratungsleistungen zu erbringen stand der Annahme des konkreten Wettbewerbsverhältnisses nicht entgegen. Für die Richter was die beanstandete Werbeaussage „Überprüfung der Verträge auf eine Rückabwicklungsmöglichkeit“ maßgeblich und stellt die konkrete Verletzungshandlung dar.
Für die Richter am BGH war daher hier die konkret beanstandete Wettbewerbshandlung, also die beanstandete Werbung, zu betrachten. Diese reichte aus, um das konkrete Wettbewerbsverhältnis zu begründen, obwohl die Parteien unterschiedlichen Branchen angehörten.