Ein Beschluss des OLG München (OLG München, Beschluss vom 07.02.2012, Az.: 29 W 212/12) hat jüngst für Aufruhr bei den Onlinehändlern gesorgt: das Gericht hat entschieden, dass die sogenannte doppelte 40-Euro-Klausel nicht verwendet werden muss.
Beträgt der Warenwert der zurückgesendeten Ware mehr als 40,00 Euro oder wird die Rückgabebelehrung verwendet, muss der Onlinehändler grundsätzlich immer die Rücksendekosten tragen. Er kann aber auch dem Verbraucher gemäß § 357 II Satz 2 BGB bei einem Rücksende-Warenwert von bis zu 40,00 € durch folgende Klausel die Tragung der regelmäßigen Rücksendekosten auferlegen:
„Sie haben die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.“
Bislang hat der überwiegende Teil der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die bereits in der Widerrufsbelehrung enthaltene 40-Euro-Klausel jedoch auch gesondert vereinbart werden muss, etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Darauf lässt auch bereits § 357 II Satz 2 BGB schließen, der ausdrücklich von "vertraglicher" Vereinbarung spricht. Die Widerrufsbelehrung hingegen ist keine vertragliche Vereinbarung sondern eine einseitige Belehrung durch den Unternehmer. Es genügte also nach herrschender Rechtsprechung nicht, dass die 40-Euro-Klausel allein in der Widerrufsbelehrung enthalten war (OLG Hamburg, Beschluss vom 17.02.2010, Aktz.: 5 W 10/10, OLG Hamm, Urteil vom 02.03.2010, Aktz.: 4 U 180/09; LG Hannover, Urteil vom 17.03.2010 – Az.: 22 O 16/10; OLG Koblenz, Beschluss vom 08.03.2010 – Az.: 9 U 1283/09).
Das OLG München hat nun anders entschieden und die Argumentation der Vorinstanz LG München I bestätigt:
„Durch die Einbeziehung der Widerrufsbelehrung in die AGB macht der Verwender hinreichend deutlich, dass der in dieser Belehrung enthaltene Inhalt Vertragsbestandteil werden soll. […] Durch die Einbezugnahme des Belehrungstextes fehlt es am Charakter einer lediglich einseitigen Erklärung. Dies ist dem Verbraucher auch ohne Weiteres klar, denn ihm ist bekannt, dass in AGB nicht nur Rechte enthalten sind, sondern zumindest auch Bestimmungen, die die Ausübung bestehender Rechte konkretisieren. Auch dadurch, dass die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ lautet, ändert sich an der Verbrauchererwartung nichts, da auch eine Belehrung über Rechte naturgemäß Einschränkungen enthält, die die konkrete Ausübung etwaiger Rechte betreffen. […] im Gegenteil: die zusammenfassende Darstellung von Widerrufsrechten und Widerrufsfolgen innerhalb der AGB ist an Transparenz als vertragliche Bestimmung kaum zu überbieten, unabhängig davon, ob sie mit der Überschrift „Widerrufsbelehrung“ versehen ist oder nicht. “
Nach Ansicht des OLG München stellt also bereits die Einbeziehung der Widerrufsbelehrung – und damit auch der 40-Euro-Klausel – eine deutliche Einbeziehung in den Vertrag dar, daran ändert auch die Überschrift "Widerrufsbelehrung" nichts. Dadurch verliere die Widerrufsbelehrung auch den Charakter der ausschließlich einseitigen Erklärung.
Bedeutet dies nun, dass Onlinehändler doch die 40-Euro-Klausel nicht mehr zusätzlich in den AGB festhalten müssen?
Wir raten hier zur Vorsicht. Bisher ist das OLG München das einzige Gericht, das diese Ansicht vertritt, so dass die übrigen Gerichte aufgrund des fliegenden Gerichtsstands nach wie vor angerufen werden können. Dort wird auch weiterhin die doppelte Verwendung der 40-Euro-Klausel verlangt. Um die Gefahr einer Abmahnung zu minimieren, sollte auf die 40-Euro-Klausel in AGB weiterhin nicht verzichtet werden.
Schließlich dürfte sich dieses Problem mit der Umsetzung der europäischen Verbraucherrichtlinie (Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher / VRRL) auch erledigen, in der es in Art. 14 I heißt:
"Der Verbraucher hat nur die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen, es sei denn der Gewerbetreibende hat sich bereit erklärt, diese Kosten zu tragen oder der Gewerbetreibende hat es versäumt, den Verbraucher darüber zu unterrichten, dass er diese Kosten zu tragen hat."
Damit wird die 40-Euro-Regelung nicht mehr gelten.